Steigern Sie Ihre Wettbewerbsfähigkeit
Lieferketten
Preisrisiken in der Beschaffung besser managen
Steigern Sie Ihre Wettbewerbsfähigkeit
Bei risikomindernden Strategien spielt die Stellung des Unternehmens in der Lieferkette eine wichtige Rolle. Deshalb sind im Folgenden einige Lieferketten aufgeführt, die bei teilnehmenden Unternehmen zu bedeutsamen Marktpreisrisiken führen können. Für die betroffenen Unternehmen kommt es darauf an, mit den jeweiligen Lieferanten risikoreduzierende Verträge abzuschließen oder dafür zu sorgen, dass übernommene Risiken entsprechend entlohnt werden.
Getreide und Ölsaaten
Als Beispiele können hier Getreide- und Ölmühlen genannt werden. Diese sind oft gezwungen, mit Ihren Kunden Festpreiskontrakte über längere Zeiträume abzuschließen. Steigen dann dann die Erzeugerpreise, kann es zu erheblichen Verlusten kommen.
Kakao
Ein Großteil der Produzenten ist kleinbäuerlich. Zigtausende von Kleinbauern sind in wenigen 100 Produktionsgenossenschaften organisiert. Die Kleinbauern haben in der Regel keinen Einfluss auf die Preise. Große Handelsunternehmen kaufen die Ernten von den teils staatlich organisierten Produktionsgenossenschaften. Die Ernte geht nach der Primärverarbeitung als Kakaobohnen in die Industrieländer, wo sie weiterverarbeitet werden.
Bei Kakao handelt es sich um ein börsengehandeltes Produkt, sodass sich die Rohstoffpreise an den Börsenkursen orientieren. Je nach Herkunftsort und Qualität werden die verschiedenen Sorten auf der Basis von sogenannten Differentials gehandelt. Der Börsenkurs korrigiert um das Differential ergibt also den Preis.
Die Erntemengen sind starken Schwankungen unterworfen. Das liegt zum einen an den teilweise schwierigen politischen Verhältnissen in vielen Kakao produzierenden Ländern und zum anderen an gefährlichen Pflanzenerkrankungen, die ganze Plantagen befallen können. Auch die lange Dauer von 8 bis 12 Jahren, die ein Kakaobaum benötigt bis er erntefähige Früchte trägt, verstärken die Angebotsschwankungen. Auch Engpässe bei der Logistik können zu Angebotsverknappungen führen.
Das schwankende Angebot trifft auf eine relativ konstante Nachfrage, was zu heftigen Preisschwankungen bei Rohkakao führt. Diese Preisschwankungen pflanzen sich in der Lieferkette fort. Preiserhöhungen können allerdings nicht eins zu eins weitergegeben werden. Besonders bei den Endprodukten im Lebensmitteleinzelhandel sind Preiserhöhungen nur sehr schwer durchsetzbar.
Kaffee
All diese Länder sind im Kaffeegürtel gelegen, also in einem Bereich der einen breiten Gürtel rund um den Äquator bildet.
Die Kaffeebohnen werden in den Ursprungsländern getrocknet, gewaschen, geschält, sortiert und dann in die Konsumentenländer zur Weiterverarbeitung verschifft. Hier werden die Bohnen geröstet, verpackt und kommen dann nach eventueller Weiterverarbeitung in den Einzelhandel und zu den Konsumenten.
Tee
Der Weltmarktpreis für Commodity-Tee hat sich von 2018 bis 2020 zwischen ca. 2$ und 3$ bewegt. Die Preise für Spezialitäten und Sorten die es nur in bestimmten Anbaugebieten gibt, sind nicht nur höher sondern auch volatiler.
Der Commodity-Tee kann maschinell gepflückt werden, der Qualitätstee erfordert jedoch das Pflücken von Hand, was in Teeanbaugebieten in schnellwachsenden Wirtschaften wie Indien immer teurer wird.
Die Verarbeitung nach der Ernte besteht in den fünf Arbeitsschritten: welken, rollen, fermentieren, trocknen und sortieren. Danach wird der Exporttee verpackt, in die Konsumentenländer verschifft, zu Zwischenprodukten und konsumfähigen Endprodukten weiterverarbeitet und schließlich an die Konsumenten verkauft.
Industrielle Teeverarbeitung findet sich bei der CTC Produktion (crushing: „zerbrechen“, tearing: „zerreißen“ und curling: „rollen“). Diese Art der Verarbeitung eignet sich wiederum nur für Commodity-Tee.
Ausgangspunkt für die Weiterverarbeiter in den Konsumentenländern ist der Preis für den Tee, wenn er bereits im Zielland angekommen ist. Die zusätzliche Wertschöpfung betrifft nun die Mischung, die Verpackung (z.B. in Teebeutel) und die Vermarktung. Bei der Vermarktung über den Lebensmitteleinzelhandel und über Markenprodukte ist zu beachten, dass Preise teilweise über längere Fristen fixiert werden. Auch wenn es nicht zu vertraglichen Fixierungen kommt, sind den Verbrauchern in diesen Bereichen Preiserhöhungen häufig nur schwer zu vermitteln. Diese bergen zudem das Risiko einer Abkehr der Verbraucher von dem zur Gewohnheit gewordenen Produkt (Sticker Schocks). Deshalb tragen die Verarbeiter im Land einen Großteil der Preisrisiken.
Milchprodukte
Die neu angeschafften Kühe erzeugen dann ca. 5 Jahre lang Milch, wodurch es zu der misslichen Lage für die Milchbauern kommen kann, dass sie solange unter Vollkostendeckung produzieren müssen, bis der Bestand an Kühen soweit abgebaut ist, dass es durch ein gesunkenes Angebot wieder zu einem Preisanstieg kommt.
Die Milchbauern sind zum Teil in Molkereigenossenschaften organisiert, so dass es zu einem Gewinnausgleich auf den beiden ersten Stufen der Lieferkette kommt. Es gibt aber auch große Molkereien und Käsereien die organisatorisch unabhängig von den Milcherzeugern sind und mit diesen über frei ausgehandelte Verträge in Kontakt stehen. An unterschiedlichen Preismodellen wird hier gearbeitet.
Die Molkereien beliefern den oligopolistisch organisierten Lebensmitteleinzelhandel mit Frischmilch, Milchprodukten und Käse. Außerdem gehört die Lebensmittelindustrie zu den Abnehmern der Molkereien. Milch wird zu Produkten wie Frischmilch, haltbare Milch, Milchpulver, Joghurt, Käse, Convenience Food, Teigwaren, Speiseeis etc. verarbeitet. Einen großen Anteil an den Beschaffungskosten nehmen die Ausgaben für Milch insbesondere bei Industrieunternehmen ein, die am Anfang der Milch-Wertschöpfungskette stehen und deren Produkte hauptsächlich aus Milch bestehen. Also Molkereien, Erzeuger von Milchpulver etc..
Baumwolle
Ca. 40% der weltweit verwendeten Textilfasern beinhalten Baumwolle. Insgesamt werden weltweit ca. 25 Mio. Tonnen Baumwolle geerntet. Die Erntemengen schwanken allerdings heftig von Jahr zu Jahr. Neben der eigentlichen Textilindustrie findet Baumwolle aber auch in vielen anderen Bereichen Anwendung. So wird die Baumwollfaser bei der Herstellung von medizinischem Verbandsmaterial eingesetzt. Auch bei der Produktion von Seilen, Zelten, Papier, Kaffeefiltern, Munition und Sprengstoff kommt Baumwolle zum Einsatz. Auch werden Baumwollsamen zu Speiseöl verarbeitet und das dabei entstehende eiweißreiche Nebenprodukt Schrot zu dient als Viehfutter.
Zellstoff, Papier
Ein Teil vom Holz kommt aus Wäldern. Es werden die dort gefällten oder umgestürzten Bäume verwertet. Der andere Teil kommt aus Baumplantagen, die eigens für die Zellstoffproduktion angepflanzt werden. Für die Papierproduktion in Deutschland wird in Hamburg hauptsächlich Zellulose aus Schweden und Brasilien angeliefert.
Der Markt für Zellulose ist starken Schwankungen unterworfen. Die weltweite Lagerhaltung hatte in den letzten Jahren ein Volumen, welches im Minimum den Bedarf für 20 Tage decken konnte, im Maximum jedoch für 60 Tage (Wirtschaftskrise 2008/2009). Entsprechend volatil sind die Preise.
Diese Volatilität kann in den weiteren Verarbeitungsstufen nur teilweise weitergegeben werden. So sind die Verpackungshersteller (Wellpappe) oft nicht in der Lage Preiserhöhungen im vollen Umfang weiterzugeben, da sie gegenüber den Papierherstellern über relativ wenig Macht verfügen, jedoch bei ihren Kunden entweder vertraglich an Festpreise gebunden sind oder aus Konkurrenzgründen Preiserhöhungen vermeiden müssen.
Aluminium (Bauxit)
Die Aluminiumproduktion erfolgt in zwei Stufen. Zunächst wird aus dem vornehmlich im Tagebau geförderten Bauxit Aluminiumoxid gewonnen. Aus diesem Rohstoff wird dann mit hohem Energieeinsatz das in der Industrie verwertbare Aluminium erzeugt. Außerdem ist Aluminium sehr gut recyclebar. Hierbei ist auch der Energieaufwand gering.
90% der Bauxitvorkommen befinden sich im Tropengürtel der Erde. Die Bauxitpreise haben zwar auch Schwankungen aufzuweisen, spielen aber bei gesamten Produktionskosten nur eine geringe Rolle im unteren einstelligen Prozentbereich.
Für die nächste Produktionsstufe, die Aluminiumoxidraffinerien, sollten jedoch die Beschaffungspreisrisiken Beachtung finden insofern sie nicht selbst den Bauxitabbau betreiben, zumal bei diesen Raffinerien in der Regel auch noch mit schwankenden Transportkosten zu rechnen ist.
Der Preis für Aluminiumoxid geht im zweistelligen Prozentbereich in die Produktionskosten ein. Auch ist der Aufbau von Raffineriekapazitäten mit hohem Aufwand verbunden, so dass sich in diesem Teil der Lieferkette Engpässe und Unterauslastungen ergeben können, die dann zu Preisschwankungen führen.
Die eigentliche Aluminiumproduktion muss diese Preisschwankungen mit ins Kalkül ziehen. Da die Herstellung von Aluminium aus Aluminiumoxid ebenfalls hohe Investitionen erfordert und zusätzlich sehr energieintensiv ist, kommt zu einer Konjunkturabhängigkeit der Preise für das aus dem Aluminiumoxid erzeugte Aluminium. Diese wird durch ein vermehrtes Recycling vermutlich etwas gedämpft.
Dieses Recycling von Aluminium ist mit nur relativ geringem Energieaufwand möglich. Da Aluminium börsengehandelt ist, können auch makroökonomische Einflüsse, wie die der internationalen Finanz- und Risikolage, eine Rolle für die Preisentwicklung bei Aluminium spielen. Preisbewegungen an der Börse pflanzen sich dann eventuell auf die physischen Märkte fort, obwohl es umgekehrt sein sollte.
Die in der Lieferkette folgenden Industrien, wie die Erzeuger von Aluminiumhalbfabrikaten, Aluminiumvorprodukten und Aluminiumprodukten müssen deshalb darauf achten, nicht durch Preisschocks in der Beschaffung überrascht zu werden.
Öl, Plastik, PE etc.
Die wirtschaftliche Entwicklung spiegelte sich immer auch im Ölpreis. Für unzählige Industrien hängen die Beschaffungskosten direkt oder indirekt vom Ölpreis ab. Die Raffinerien erzeugen Benzin, Diesel, Rohbenzin, Kerosin, Bitumen und Schmierstoffe. Diese Produkte werden zum Teil über den Handel verteilt und dienen dem Konsum. Ein anderer Teil dient als Ausgangspunkt für weitere Produktionen. Sei es als Energieeinsatz oder im Rahmen der Erstellung petrochemischer Produkte.
Der Rohölpreis selbst ist bereits großen Schwankungen ausgesetzt. Das liegt zum einen an politischen Instabilitäten der Ölförderländer, zum anderen aber auch an den sich ändernden Prognosen über den zukünftigen Ölverbrauch. Dabei ist zu beachten, dass Öl lagerbar ist und die Höhe der Lagerbestände Einfluss auf die Volatilität der Ölpreise haben. Unterschiedliche Auslastungen der Ölraffinerien tragen einen weiteren Teil zur Volatilität der Preise der nachfolgenden Teile der Lieferkette bei.
Teilweise sind einzelne Schritte der Ölverarbeitung und des Handels in großen Konzernen integriert, sodass das Preisrisiko nicht in vollem Umfang zum Tragen kommt. Allerdings sind andere Bereiche, wie zum Beispiel die Luftfahrt, in sehr hohem Maße von Preisrisiken in der Beschaffung betroffen. Ebenso Teile der kunstoffverarbeitenden Industrie. Ausgehend von den Herstellern von Kunststoffgranulaten, die ihre VK-Preise oft direkt an ihre EK-Preise koppeln, sind es die nächsten Verarbeitungsstufen, die es schwerer haben Preiserhöhungen weiterzugeben. Zum Beispiel Hersteller von Spritzgussteilen, Kunststofffolien etc..
Stahl
Dieses dient wiederum als Grundlage für die ebenfalls aufwändige Stahlerzeugung. Eisen und Stahl gehören zu den Basismaterialien der industriellen Fertigung. Wenn die Weltkonjunktur ansteigt steigt auch die Nachfrage nach Eisen und Stahl an.
Dies führt zu einem Anstieg der Auslastung der Kapazitäten und zu einem Anstieg der Eisen- und Stahlpreise. Die Kapazitätsausweitung kann dann nur langsam erfolgen, sodass die höheren Stahlpreise für lange Zeit bestehen können. Im umgekehrten Fall, bei einer Senkung der Stahlnachfrage, kommt es zu einer weltweiten Stahlkrise, die dann einen Rückgang der Kapazitäten nach sich zieht, welcher sich ebenfalls über lange Zeit hinziehen kann.
Zu regelrechte Preisschocks bei Stahl kann es kommen, wenn sich stahlproduzierende Staaten vor Billigimporten der ausländische Konkurrenz absichern wollen. Durch eine solche Industriepolitik haben in der Vergangenheit z.B. Autozulieferer große Schwierigkeiten bekommen, da sie mit den Autokonzernen langfristige Festpreisverträge abgeschlossen hatten, von den Stahllieferanten jedoch mit Preiserhöhungen konfrontiert wurden. Ein entsprechendes Preismanagement, wie es auch von einigen Zulieferern betrieben wird, kann diese Probleme vermeiden oder zumindest in den Auswirkungen lindern.
Strom
Allerdings sind die Strompreise durch Steuern und Subventionen einer starken Regulierung unterworfen, so dass der tatsächlich zu zahlende Strompreis vom Börsenkurs abweichen kann. Manchmal spielt die Energiepreisentwicklung sogar eine wichtige Rolle in den Herstellungskosten. Wie schon weiter oben erwähnt, gehört zu den Industrieunternehmen, deren Beschaffungskosten stark vom Strompreis abhängen, die Aluminiumproduzenten.
In der Eisen- und Stahlindustrie wird etwa zwei Drittel des weltweiten Rohstahls über die die Primärroute (Hochofen und Konverter) und ein Drittel über die stromintensive Sekundärroute (Elektrolichtbogenofen) erzeugt. Des Weiteren haben bei einigen Unternehmen aus den folgenden Industrien Strompreiserhöhungen eine gewichtigen Bedeutung für die Margenentwicklung: Kupferindustrie (Kathodenkupfer), Papierindustrie, Chemieindustrie, Textilindustrie.
Transportdienstleistungen
Bei Einkäufen außerhalb des eigenen Währungsraums sind in diesem Zusammenhang auch Wechselkursschwankungen in die Betrachtung einzubeziehen. Transportpreis- und Wechselkursschwankungen werden nicht das Hauptrisiko in der Beschaffung darstellen, müssen aber in einigen Fällen im Zusammenhang mit anderen Preisrisiken gemanagt werden.
Bei Importen aus Übersee können manchmal Engpässe auftreten, welche die Transportkosten erheblich ansteigen lassen. Wohl nirgends sind die Instrumente zur Absicherung von Preisrisiken so entwickelt, wie in diesem Bereich.
Wenn Sie mehr über das Management von Marktpreisrisiken innerhalb einzelner Lieferketten wissen möchten und wie Sie mit unserer Hilfe Ihre Wettbewerbsfähigkeit verbessern können, nehmen Sie bitte Kontakt zu uns auf.